Schottergärten oder besser ... Leben im Garten?
von Klaus Triebskorn
Vorgärten sind das Aushängeschild eines Hauses. Sie bieten die Möglichkeit mit einer Artenvielfalt ein artenreiches Leben dort zu haben, sind insektenfreundlich vor allem für Bienen. Und ein angelegter Vorgarten bietet Abkühlung an vielen heißen Tagen, indem er ein Mikroklima schafft. Sie sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Zudem tragen artenreiche Vorgärten zum Wohlbefinden in der Gemeinde bei.
Schottergärten (…Gärten des Grauens, Steinwüsten etc.) sind ein „Totalausfall“ der Natur und sind nach aktuellem Landesrecht verboten (§ 21a Naturschutzgesetz und § 9 Landesbauordnung).
Wir beobachten in Brühl einen massiven, fast täglichen Wegfall von Vorgärten, einerseits als Umwandlung in Schottergärten, in der Überzahl jedoch der komplette Wegfall durch Pflasterungen, um Parkplätze zu schaffen. Das in Gebieten mit und ohne Bebauungsplan.
Von Seiten der Gemeinde Brühl wird zur Umsetzung der Gesetzte nichts beigetragen.
Daraus ergeben sich für uns folgende Fragen:
- Wie muss die Gemeindeverwaltung (GV) das umsetzen, wozu ist sie verpflichtet, um den täglichen Wegfall weiterer Gärten zu stoppen?
- Muss erst ein Bürger klagen - wie damals zur getrennten Abwassergebühr? Oder ist die GV in der Pflicht, etwas zu tun?
- Ist der Wegfall der Vorgärten für Parkplätze mit 21a NatSchG und § 9 LBO vereinbar?
Wir haben diesbezüglich am 26.10.2021 mit dem Baurechtsamt Rhein-Neckar-Kreis Kontakt aufgenommen und Fragen gestellt. Daraufhin fand am 8.11.2021 ein Gespräch mit dem Leiter des Baurechtsamtes statt.
Mit den Ergebnissen dieses Gesprächs sind wir auf das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft BW zugegangen und haben um Klärung gebeten. Ausführlich geantwortet wurde uns vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen.
Einige Ausschnitte daraus:
Nach der LBO §9 Abs.1 Satz 1 müssen nicht überbaute Flächen eines Grundstücks Grünflächen sein, soweit keine andere zulässige Verwendung vorliegt. Schotterungen sind keine andere zulässige Verwendung. Damit sind Schotterungen baurechtlich in privaten Gärten grundsätzlich untersagt. Pflanzungen und Begrünungen müssen min. 70% der Fläche bei gleichmäßigem Bestand betragen. Eine Gemeinde kann in Ortsbausatzungen eine Gestaltung festlegen oder ein städtebauliches Pflanzgebot vorgeben.
Ob sich in einem Einzelfall eine geschotterte Fläche nach der LBO handelt bzw. gegen das Begrünungsgebot verstößt, hat die untere Baubehörde (hier Landratsamt) zu prüfen. Mit dieser Tatsachenfeststellung ist die Behörde in der Regel überlastet. Man hofft daher auf die Vorgaben, die von der Gemeindeverwaltung zugunsten der Umwelt erstellt und kontrolliert werden und nicht zuletzt auf Einsicht und Verständnis bei den Grundstückseigentümern.
Bezüglich des Wegfalls der Vorgärten für Parkplätze ist nach Ansicht des Ministeriums das Anlegen von Stellplätzen nur erlaubt, wenn dies eine zulässige Verwendung im Sinne der LBO §9 Abs.1 Satz 1 ist. Die baurechtliche Zulässigkeit richtet sich insofern nach dem Bauplanungsrecht. Auch hier setzt unser Verein auf Regularien, die von der Gemeindeverwaltung im Sinne der Umwelt festzulegen sind, zumal es bei dieser Verwendung der Vorgärten bereits einige Gerichtsurteile zum Wegfall öffentlichen Parkraums davor gibt. In Siedlungsbereichen, in denen kein Bebauungsplan vorliegt, ist zur Beurteilung
der Zulässigkeit gemäß §34 Baugesetzbuch im Rahmen der Umgebungsbebauung heranzuziehen. Hier kann die Gemeindeverwaltung entscheidend die weitere Entwicklung beeinflussen.
Unser Verein wird sich nach diesen Ausführungen vermehrt für eine Umsetzung der Möglichkeiten für artenreiche Vorgärten und gegen eine Verschotterung einsetzen, einerseits mit Vorschlägen an die Gemeindeverwaltung, anderseits mit positiven Beispielen und Unterstützung bei Neuanlagen von Vorgärten sowie Tipps zum Rückbau vorhandener Schottergärten.
kt